Advent, Advent, wer kann, der rennt!

Wie in jedem Jahr erwischt es uns wieder kalt. In zwei Wochen ist Weihnachten. Und dann Sylvester. Und bis dahin ist noch so unendlich viel zu erledigen. Nicht nur Deko und Geschenke für die Liebsten wollen besorgt werden, auch die Kunden stehen plötzlich kurz vor Torschluss auf der Matte mit all den dringenden Aufträgen, die AUF JEDEN FALL noch in diesem Jahr erledigt werden müssen. Außerdem sind die Festtage vorzubereiten: Wer besucht wen wann und in welcher Konstellation? Und was wollen wir dann essen? Gerade diese letzte Frage wirft jedes Jahr wieder allerhand Diskussionen auf und führt womöglich schon lange vor Heiligabend zu ersten Konflikten. Und dann noch die ganzen Weihnachtsfeiern. Weihnachtsmarkt, Konzerte, Verwandtenbesuche. Und die Stadt ist proppenvoll, vom Postamt ganz zu schweigen, sodass jede noch so kleine Besorgung die Ausmaße einer Odyssee annimmt.

Nicht zum ersten Mal frage ich mich: Muss das alles sein? Der Advent soll doch eine Zeit der Ruhe und der Besinnung sein. Man möchte in sich gehen und sich innerlich auf die Festtage und die Ankunft des Heilands vorbereiten – so war das ursprünglich mal gedacht. Nun komme ich nicht gerade aus einer religiösen Familie, trotzdem wurde bei uns Weihnachten gefeiert, was insbesondere der Vorliebe meines nicht-christlichen Vaters geschuldet war. Und als meine eigenen Kinder noch zu Hause lebten, durfte natürlich auch das Ritual des Plätzchenbackens, ein Adventskranz und der Weihnachtsbaum nicht fehlen. Als Mutter empfand ich diese vier Wochen vor Weihnachten immer als sehr stressig und wenig besinnlich.

Inzwischen habe ich mich erfolgreich von all diesen Zwängen befreit. Wenn es mich stresst, dann brauche ich keine Weihnachtsdeko. Plätzchen kann man auch kaufen, wenn man im Tausch fürs Selbermachen einen Sonntag auf dem Sofa herausschlagen kann. In die Innenstadt fahre ich im Dezember grundsätzlich nicht. Geschenke besorge ich lange vorher, indem ich im Sommer bereits eine Liste möglicher Kleinigkeiten anlege. Für den Einkauf direkt vor den Feiertagen nehme ich mir einen halben Tag Zeit, damit ich mich in Ruhe mit den Menschen unterhalten kann, die ich unterwegs auf jeden Fall treffe, anstatt mich darüber zu ärgern, dass alles so lange dauert.
Und ja, ich sage sogar Aufträge ab, wenn ich das Gefühl habe, dass das jetzt vor Weihnachten unnötig Druck aufbaut. Da ich nicht am offenen Herzen operiere, lassen sich die meisten Dinge wirklich verschieben.

Natürlich bin ich mit meiner Advents-Hektik-Verweigerungshaltung allein auf weiter Flur. Man muss auch aufpassen, wem man erzählt, dass man keinen Stress hat. Das kommt nämlich nicht bei jedem so gut an. Wer in dieser Jahreszeit nicht hektisch und gestresst ist, gilt schnell als Leistungsverweigerer und/oder faul. Aber das ist mir inzwischen ehrlich gesagt schnuppe. Ich genieße lieber die schönen Seiten der Adventszeit: ein gutes Buch, ausgiebige Gespräche mit Freunden, schöne Musik. Und freue mich dann umso mehr auf die Feiertage, ganz ohne Hektik.

Kürzlich las ich einen Spruch von einem nepalesischen Mönch: Nur in einem ruhigen Teich spiegeln sich die Sterne.
Dem kann ich nur zustimmen. Ich mach jetzt also ganz ruhig und halte Ausschau nach Sternen.

Sterne

Auch Ihnen wünsche ich eine besinnliche Adventszeit und friedvolle Feiertage – egal ob christlich oder nicht.