Premiere in Leipzig: Keine Buchmesse 2020

Dieser Post sollte eigentlich davon berichten, was ich auf der Leipziger Buchmesse 2020 alles Schönes erlebt, welche interessanten Menschen ich getroffen und was ich an spannenden Inspirationen und Ideen mitgenommen habe. Schwamm drüber. In diesem Jahr muss ich – wie so viele andere auch – zum ersten Mal seit vielen Jahren ohne das jährliche Branchentreffen direkt vor meiner Haustür auskommen.
Natürlich ist das ärgerlich, aber für mich zumindest nicht existenzbedrohend – im Gegensatz zu anderen in dieser und weiteren Branchen. Außerdem gehöre ich auch nicht zur Risiko-Gruppe des Virus. Ja, ich könnte krank werden, und das ist immer blöd. Sterben werde ich daran wohl eher nicht. Demnächst möchte ich zwei Wochen Urlaub machen und ich hoffe bislang, dass meine Bewegungsfreiheit in Andalusien nicht eingeschränkt wird. Es gibt also keinen Grund für Corona-Panik oder auch nur weitere Betrachtungen dazu – das machen andere schon zur Genüge.

Vielmehr beschäftigt mich die Frage, was es denn nun genau ist, was mir persönlich mit der Buchmesse entgeht. Dazu muss man wissen: In der Buchbranche gibt es unzählige Menschen, die das ganze Jahr über im stillen Kämmerlein vor sich hin arbeiten. Autoren, Übersetzer, Lektoren – sie alle sehen oft über lange Zeitspannen hinweg niemanden, mit dem sie sich direkt über ihre Arbeit austauschen können. Wenn das fertige Buch vorliegt, gibt es vielleicht ein paar Rezensionen in klassischen Medien. Heutzutage bietet auch das Internet die Möglichkeit, einige Rückmeldungen zu bekommen. Immerhin.

Und doch ist es etwas ganz anderes, wenn man seine Leser als echte Menschen vor sich sieht. Bei Lesungen und Diskussionen auf der Messe ist das möglich, auch treffen hier oft Autoren und Lektoren oder Übersetzer und Autoren zusammen, die sich sonst eher selten begegnen. Man kann von Schwierigkeiten mit den Projekten berichten oder sich in großer Begeisterung austauschen.

Die Begeisterung ist vielleicht überhaupt am wichtigsten. Ich bin seit mehr als 20 Jahren in der Buchbranche tätig und immer wieder beglückt, wie viele interessante und nette Menschen dort arbeiten. Es ist nämlich ein Unterschied, ob man Autos verkauft oder Bücher. Natürlich gibt es auch nette Autoverkäufer – dennoch ist die Atmosphäre unter den Büchermenschen eine ganz andere. Das ließe sich auch auf Autohäuser und Buchhandlungen übertragen…
Und so fühlen wir uns ein wenig so, als hätte jemand in diesem Jahr das lang ersehnte jährliche Klassentreffen einfach abgesagt. Die Kontakte werden mir fehlen. Die ungeplanten Begegnungen mit netten Menschen, die man eben nicht so einfach ins Internet verlagern kann, wie es viele aus der Branche jetzt versuchen. Das Sekttrinken mit den Kolleginnen zur Feier des letzten Jahres und der kommenden Projekte.
Als Ausgleich könnte ich in diesem Jahr wenigstens zu einer Lesung am Abend gehen. Vielleicht sehen wir uns ja dort. Welche Veranstaltungen trotzdem stattfinden, findet ihr hier. Und kauft Bücher von kleinen Verlagen. Die brauchen das jetzt.